Wenn die Berge rund um den Naturpark Drei Zinnen in den Sextener Dolomiten sprechen könnten, was würden sie wohl berichten? Ginge es um den Ersten Weltkrieg, in dem ganze Tunnel gegraben, Schießstände errichtet oder Schützengräben ausgehoben wurden? Oder wären es Berichte über Touristenhorden, die täglich mit Bussen an die Drei Zinnen gebracht werden?
Oder erzählten Sie gar vom Hilda-Gymnasium, das in diesem Jahr mit insgesamt zwölf Schülerinnen und Schülern, zwei Lehrern und einer weiteren Begleitperson eine Hüttentour entlang der alten Kriegsgrenze zwischen Österreich und Italien unternahm?
Ziel dieser Studienfahrt war es zum einen, einen Teil der europäischen Geschichte hautnah zu erfahren und zu begreifen und zum anderen, eine sportliche Herausforderung anzunehmen und jeden Tag entlang von Klettersteigen, alten Kriegssteigen und Schützengräben zur nächsten Hütte zu gelangen. Diese lagen fernab der Zivilisation und boten nur wenig Komfort, weshalb sich auch alle, die nicht schon am zweiten Abend im sieben Grad kalten Bergsee eine Katzenwäsche unternommen hatten, auf die Duschen am dritten Tag freuten. Beim Essen hingegen machen die Italiener keine Kompromisse, was auch der Grund dafür war, weshalb selbst auf 2400m Höhe ein abendliches 3-Gänge-Menü serviert wurde, das sich nahezu mit der heimatlichen Sterneküche messen konnte.
Tagsüber bewegten wir uns entlang der alten Stellungen und konnten nur darüber staunen, unter welchem Einsatz und welchen Mühen die beiden opponierenden Truppen versucht hatten, die Grenzen zu schützen bzw. Land zu gewinnen. So baute man z.B. auch befestigte Stellungen auf der 2800m hohen Sextener Rotwand, durchbohrte ganze Berge, um geschützte Einrichtungen zu schaffen, installierte Materialseilbahnen, um Munition und Lebensmittel zu den Stellungen zu bringen. Dies alles vor dem Hintergrund, dass es sich hier um hochalpines Gelände handelt, was den Materialtransport und den Bau von Stellungen zu einer logistischen und auch körperlichen Meisterleistung machte. Es ist daher nicht verwunderlich, dass in den Jahren 1915-1917 „nur“ die Hälfte der Soldaten bei eigentlichen Kriegshandlungen, die andere Hälfte aber durch Erfrierungen, Lawinen oder Abstürze ihr Leben verlor.
Das Wetter während der Studienfahrt trug dazu bei, diese Strapazen nachzuempfinden. So hatten wir bereits am ersten Tag auf dem Monte Piana Dauerregen und Wind, was uns sehr deutlich vor Augen führte, dass neben dem Feind und alltäglichen Entbehrungen auch klimatische Bedingungen eine außerordentliche Herausforderung für die Soldaten dargestellt hatten. Auch am Paternkofel waren wir bei einsetzendem Schneeregen froh, dass unser Weg durch ein Drahtseil gesichert war und wir nicht wie die italienischen Alpini bei Eiseskälte und Schnee diese Wege in Angriff nehmen mussten.
Alle Schülerinnen, Schüler und Begleitpersonen kamen glücklich und erschöpft an der Talschlusshütte im schönen Fischleintal an und nahmen viele eindrückliche Bilder, sei es von der Landschaft oder den Hinterlassenschaften unserer Vorfahren mit nach Hause. Das war eine außerordentliche Leistung aller Beteiligten, die noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Autor: Bastian Schroth