Über uns
Die Theater-AG der Mittel- und Oberstufe des Hilda-Gymnasiums besteht seit Herbst 2010 und steht in diesem Schuljahr unter der Leitung von Herrn Giebeler und Frau Gaube. Einmal in der Woche sind all jene Schauspielerinnen der Klassenstufen 8-10 sowie der Kursstufe willkommen, die für alles, was es auf, vor und hinter der Bühne zu tun gibt, Interesse haben.
Ein Schuljahr in unserer Theatergruppe gliedert sich in zwei Phasen: Am Anfang steht, losgelöst von Texten oder einem festen Stück, das Kennenlernen in der Gruppe und das Sich-Selbst-Ausprobieren im freien Spiel im Vordergrund: Wie wirke ich auf der Bühne, auch ohne Sprache? Was kann ich mit meiner Gestik, Mimik, meinem Gang, meiner Körperhaltung ausdrücken? Wie kann ich ohne Worte in Beziehung zu anderen treten, bestimmte Gefühle ausdrücken? Wie hilft mir dabei meine Position bzw. meine Bewegung im (Bühnen-) Raum?
Doch was wäre die Theater-AG, was wäre all die harte Arbeit, ohne ein Publikum, das das entfachte „Rampenfieber“ in einer Inszenierung zu sehen bekommt? Daher arbeiten wir in jedem Schuljahr an einem Stück, das dann im Kupferdächle in Pforzheim zur Aufführung kommt.
Neben unserer einmal in der Woche stattfindenden regulären Probe gibt es auch immer ein bis zwei Probenwochenenden, bei denen nicht nur viel gelacht, sondern nebenbei auch intensiv geprobt, das Make-up ausprobiert und alles Notwendige für die Ausstattung des Stückes besorgt, gebastelt, gebaut, geklebt … wird.
Interesse? Dann schau doch einfach mal vorbei. Auch im laufenden Schuljahr sind neue Gesichter (und Zuschauer) immer willkommen!
Schuljahr 2019/20: Peer Gynt
Ja meine Güte, was hätten Sie denn gemacht? Tag ein, Tag aus Schweinescheiße geschippt? Das nächstbeste Dorfmädchen geheiratet, bieder bis in die Knochen? Bis zum letzten Atemzug die Nächte frierend in Ihrer schäbigen Hütte zugebracht? Sehen Sie! – Peer muss einfach raus. Raus aus den finsteren norwegischen Bergschluchten, in denen der eigene Lebensweg vorgezeichnet ist und so viel Spannung bietet wie die Landstraße zwischen Wurmberg und Wiernsheim.
Peer Gynt, der von Wüstensand träumt, während sich Tannennadeln in seine Füße bohren. Der Bauernsohn mit den hochfliegenden Plänen und der überspannten Fantasie, Weiberheld und Wedding Crasher und definitiv die coolste Socke nördlich des Polarkreises. Um der sittenstrengen Enge (und dem Nudelholz seiner resoluten Mutter) zu entfliehen, streift er durch die dunklen Wälder seiner Heimat, auf der Suche nach Liebe und Abenteuer.
Im vollbesetzten Kupferdächle sehen wir, wie sich Peer Gynt (exzellent gespielt von William Neufeld) aufmacht, um seinen Lebenssinn und letztlich auch sich selbst zu finden. Temporeich führt uns die Inszenierung von Silke Gaube und Jan Giebeler durch die Fährnisse seiner Selbstfindung; so flott wechseln die kurzweiligen Episoden einander ab, dass man kaum glaubt, dass Ibsen dieses „dramatische Gedicht“ schon vor über 150 Jahren geschrieben hat.
Im heimatlichen Dorf hinterlässt Peer erst einmal verbrannte Erde, nachdem er die Braut eines anderen entführt hat (lustig als trunkener Bräutigam: Victor Wagenblast). Sie führt ihn in die Welt der Trolle ein, die sich gar säuisch gebärden. Und schon wird Peer umschwärmt von einer Rotte skrupelloser Schweinchen (darunter niedlich, brutal und brutal niedlich: Lena Bott), die ihn auf die Probe stellen: Erst wenn er einer der ihren werde, könne er die Trollprinzessin Ingrid zur Frau nehmen (facettenreich in ihrem Spiel: Etienne Seemann).
Von den Reizen seiner Ingrid immer weniger angetan, verlässt sie der wagemutige Peer auf der Stelle und beweist in seinem Wankelmut: Nicht nur Trolle sind Schweine. Doch auch unser Held muss eine Zurückweisung verkraften: Als er sich in die pietistische Solvejg verliebt (von sittenstrenger Kälte: Hannah Bott), weist diese den liederlichen Leichtfuß ab. Zu allem Überfluss stirbt Peers Mutter (anrührend in ihrer herben Herzlichkeit: Angelina Dalaveraj). Und so klemmt sich Peer seinen Liegestuhl unter den Arm und macht sich auf den Weg. Etwas Besseres als den Tod wird er überall finden, und überhaupt: YOLO. Pause. Sind die dreißig Minuten um, so sind dreißig Jahre vergangen, Peer ist zu Vermögen gekommen und hat sich unter der Sonne Marokkos niedergelassen. Der Bauernsohn wird als Kaiser verehrt, gar als Prophet, doch ach, Prophetsein ist auch ein Fulltime-Job, und von Weisheit keine Spur.
Was würden Sie nun machen? Tag ein, Tag aus Kameldung schippen? Die nächstbeste Haremsdame ehelichen, das Alter in den Knochen? Bis zum letzten Atemzug die Tage schwitzend im Schatten des Palastes ausharren? Geschichte wiederholt sich, zumal für den Rastlosen. Und so bricht Peer abermals auf, um durch den Wüstensand nach Ägypten zu ziehen. Welch Enttäuschung, als er statt auf Erleuchtung auf Dr. Begriffenfeld trifft, der viel spricht und wenig begreift und noch dazu das lokale Irrenhaus leitet (von Noah Stahl mit dem Charme eines pensionierten Studienrats gespielt)! Peer ist auf seinem Tiefpunkt angelangt. Während der Wüstensand unter den Sohlen brennt, träumt er von den Tannennadeln seiner Heimat – vielleicht muss man eben erst nach Kairo, um die Schönheit Wiernsheims zu erkennen. Er entschließt sich zur wilden Flucht: ein Lebensweg ohne Kartenmaterial, offroad auf der Suche nach sich selbst.
So endet Peers Lebensreise schließlich, wo sie begann: In den verwunschenen Wäldern Norwegens. Dort wartet schon der Tod in Gestalt eines Straßenbauers (abermals Noah Stahl, diesmal pedantisch und schäbig und durch und durch schwäbisch). Von seiner Schippe springt Peer noch mehrfach, doch hält seine freie Fahrt stets nur bis zur nächsten Wegkreuzung. In der Hütte seiner Kindheit angekommen, trifft er erneut auf seine Jugendliebe Solvejg, der er die verzweifelte Frage stellt: „Wo war ich?“ – worauf hin ihn die verbitterte Solvejg erwürgt. Vorhang, Dunkelheit. Anhaltender Applaus; Standing Ovations. Mein Gott, Peer, du Träumer und Phantast! Du hast uns gezeigt, dass man sich selbst verliert in einem Leben, das rastlos bleibt. Und du, liebes THILDA (Theater am Hilda), hast uns abermals gezeigt, was man gewinnt an einem Abend, an dem man deine Aufführungen besucht. Text: Adler