„Wie wäre es, wenn wir Cashew-Kerne, die hier im Masasi-Distrikt geerntet werden, nach Deutschland importieren und am Hilda- Gymnasium vermarkten und verkaufen würden? Auf diese Weise ließen sich höhere Gewinne erzielen, mit denen wir einerseits die Farmer fair bezahlen und andererseits mit den Gewinnen die Ndwika Girls‘ Secondary School unterstützen könnten! Wir könnten zu diesem Zweck doch einfach eine Schülerfirma am Hilda gründen?…“
Klingt doch ganz einfach, oder? Mit vielen unvergesslichen Eindrücken aus Afrika und beseelt von dieser Projektidee beendete eine Schüler- und Lehrerdelegation im Oktober 2017 ihren Austausch an der Partnerschule in Tansania. Dies war sozusagen die „Geburtsstunde“ der Schülerfirma. Nachdem sich zwei Lehrer*innen zur Betreuung einer Schülerfirma gefunden hatten und im Schuljahr 2018/19 ein Kurs aus neun Schüler*innen zustande kam, stellten sich auch gleich die ersten Geburtswehen in Form von Fragen ein: Wie gründet man eigentlich eine Firma? Wie viel Kapital ist notwendig? Müssen wir Steuern bezahlen? Welche Zollgebühren fallen für den Import von Cashew-Kernen aus Tansania an? Sind wir denn versichert? Fragen über Fragen und die ein oder andere schlaflose Nacht dazu!
Und so beschäftigte sich der erste Kurs mit allen Angelegenheiten, die zur Firmengründung führten:
Ein Businessplan musste erstellt und Startkapital beschafft werden. Wie bei jedem Start-up-Unternehmen mussten Aufgaben klar definiert und verteilt, Fragen des Marketings geklärt, Preise kalkuliert und der Kontakt zu unserer Schule in Afrika intensiviert werden. Als Nicht- EU-Land gelten natürlich andere Einfuhrbestimmungen und auf verderbliche Ware trifft das ganz besonders zu. Bei unseren Recherche- Aufgaben und in der Gründungsphase erhielten wir glücklicherweise zahlreiche Unterstützung von Eltern (ein Dankeschön an Herrn Sailer und an Frau Förster), von der Industrie- und Handelskammer Nordschwarzwald, dem Förderverein des Hilda-Gymnasiums und der Sparkasse Pforzheim.
Ohne diese „guten Geister“ an unserer Seite hätten wir die Firma nicht erfolgreich gründen und das Projekt zum Abschluss bringen können. Mit Herrn Sailer ging der Seminarkurs sogar in Schulungen, die der „Höhle der Löwen“ in nichts nachstanden!
Doch erst einmal zu unserem Produkt: Jeder zählt die Cashew zu den Nüssen, aber botanisch betrachtet sind es Cashew-Kerne, also eine Mogelpackung! Macht nichts, finden wir, denn Cashews sind ein gesundes Lebensmittel mit zahlreichen wichtigen Stoffen, die zum Beispiel für den Aufbau des „Glückshormons“ Serotonin sorgen. Außerdem helfen die Fettsäuren und Eiweiße gegen den kleinen Hunger.
Mit Beginn des zweiten Kurses im Schuljahr 2019/20 tauchten dann immer wieder neue Herausforderungen auf, die die Schülerfirma etappenweise bewältigen musste:
Nachdem wir schon seit mehreren Wochen vergeblich auf die Lieferung der Cashews von unserer Partnerschule aus Tansania gewartet hatten, kam auf einmal eine Nachricht, dass für den erfolgreichen Versand der Kerne noch Geld, rund 500 Euro, fehlen würden! Glücklicherweise haben die Tansanier schnell eine Lösung für diese ungeplanten Kosten gefunden und konnten somit die Cashews endlich auf ihre weite Reise zu uns nach Deutschland schicken. Jedoch wurde unsere Vorfreude auf die baldige Ankunft der Kerne erneut getrübt, denn es fehlte immer noch ein Zolldokument.
Damit die Kerne die restlichen Kilometer vom Flughafen Leipzig zu uns per LKW antreten durften, musste dieses Dokument ausgefüllt und dafür eine „EORI-Nummer“ beantragt werden. Wenn dies nicht innerhalb kürzester Zeit geschehe, würde man die 150 kg Cashew-Kerne wieder zurück nach Tansania senden! Hilfe, nein!
Nach einem ausgedehnten Telefonat mit dem Leipziger Zoll hat dann alles doch noch funktioniert.
Bereits nach einigen Tagen konnten wir unsere lang ersehnte Lieferung aus Afrika in Empfang nehmen. Da lagerten sie nun in einer Kammer des Hilda-Gymnasiums: Zahlreiche DHL-Pakete aus Tansania, gefüllt mit insgesamt 150 kg Cashew- Kernen! Was für ein wu dervoller Anblick! Aber nun mussten wieder ganz schnell die nächsten Schritte in die Wege geleitet werden, denn bis zum Adventsbasar, unserem ersten möglichen Verkaufs-Event, dauerte es nicht mehr lange.
Würde die Zeit für eine lebensmitteltechnische Untersuchung noch reichen?
Wir kontaktierten das Gesundheits- und Veterinäramt, die daraufhin unverzüglich reagierten und tatsächlich am nächsten Tag zwei Beamten für eine Probeentnahme zu uns schickten. Hierzu wurden 2 kg aus verschiedenen Kartons entnommen. Etwa 5 Tage vor dem Adventsbasar erhielten wir grünes Licht für den Verkauf unserer Ware. Und gleich stellte sich die nächste Überlegung ein: Wird unsere Ware ein Verkaufsschlager, ein Ladenhüter oder irgendwas dazwischen sein?
Wir konnten unsere Cashews beim Adventsbasar zum Kauf anbieten und setzten äußerst erfolgreich zahlreiche Kilos Cashews ab. Was für eine Erleichterung! Wir hatten unterhaltsame Gespräche mit Eltern, Schülern und Lehrern, wie beispielsweise mit Herrn Riechert, welcher dank unserer unglaublichen Verkaufs- und Marketingstrategie anstatt gewollten 100 g gleich 1 kg davon erworben hat.
Doch das Geld ist ja nicht nur sinnvoll in ein tolles Projekt investiert, nein, es ist auch gut für den eigenen Serotonin-Haushalt! Nach wie vor findet jeden Dienstag und Donnerstag in der 2. großen Pause ein Cashew-Kern-Verkauf in der Aula statt, wo man in kleinen „Naschpäckchen“ die Ware für kleines Geld erwerben kann. Vor allem jüngere Schüler zeigen großes Interesse an den Cashew-Kernen aus Tansania. Einmal kam sogar ein Schüler mit seinem ganzen Geld und wollte so viele kaufen, wie er dafür bekommen konnte!
Und falls Sie oder ihr noch Cashews erwerben wollt:
Es ist Eile geboten, der Bestand sinkt von Woche zu Woche! Und wir – die Schülerfirma – sind froh, das Projekt mit Erfolg und Gewinn abschließen zu können und dass wir unseren Beitrag zu einem fairen globalen Projekt leisten konnten.
Autoren: Petra Nelles, Steffen Smolik